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Erstveröffentlichung: 12.12.2023
Genre: Drama/???
Cover Hintergründe: Pixabay.com / Gerry (Text in den schwarzen Flächen)

Text Version: 1

Teile: 0 1 2 3

Es sind nun bereits mehrere Wochen vergangen und Gregor und ich sitzen gerade auf dem Boden und spielen mit Kammi. Wir werfen uns eine kleine Papierkugel hin und her und sie Jagd diese vergnügt und schafft es auch ab und an, die Kugel zu erwischen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob mir das nicht irgendwann zu viel wird.
Gregor ist ein lieber Kerl. Aber ich bin es nicht gewohnt, so lange Gesellschaft zu haben.
»Was überlegst du?«, fragt er mich.
»Nichts. Ich bin es nur nicht gewohnt, so lange Gesellschaft zu haben.« Ich streichele Kammis kopf, welchen sie gerade an mein Knie reibt.
»Geht mir ähnlich. Wie kommt es eigentlich, dass du alleine bist?« Ich überlege, wie ich darauf antworte. Um die Antwort zu verzögern, stehe ich auf und gehe ins Lager.

Ich schaue mich um und greife nach einer Tafel konservierter Schokolade. Ich schau mir die Packung an. Halte sie an die Nase. »Scheint noch essbar zu sein«, murmele ich vor mich hin. Kurz danach sitze ich wieder vor Gregor und Kammi und biete ihm ein Stück an.
»Ist die denn noch gut?«, fragt er mich. Ich deute an einfach ein Stück zu nehmen. Er greift zu und steckt sich das Stück in den Mund und verzerrt etwas das Gesicht.
»Sorry. Andere Schokolade wäre nicht mehr genießbar.« Es ist Schokolade mit einem extrem hohen Kakaogehalt.

»Ich hatte in meinem Leben viele Beziehungen, wenn du das meinst. Frauen. Männer. Manchmal lief es gut. Meistens nicht so sehr.« Ich pausiere und schau amüsiert zu, wie Gregor versucht, die Schokolade runterzuwürgen.
»Warum lief es denn nicht gut?«, fragt er zwischen den Stücken. Ich genehmige selbst auch ein Stück.
»Weiß nicht. Vielleicht lag es an mir. Vielleicht auch an den Perfektionsdrang der anderen. Oder an deren Libido«, impliziere ich, dass einige meiner Ex-Menschen fremdgegangen sind. »Irgendwann hab ich es aufgegeben jemanden zu finden. Und zum Druckkabbau gab es genug Nutten und Stricher«, beende ich meinen Monolog. »Wie ist es bei dir?«

–Gregor–

Die Schokolade ist widerlich. Und warum zur Hölle hab ich mit diesem Thema angefangen? Eigentlich wollte ich nix über mich erzählen. Zumindest noch nicht. Da hab ich mich ja in eine echt blöde Situation reinmanövriert.
»Mit Weibern hab ich es nicht so. Und, wie du auch schon festgestellt hast, waren die Kerle in Grimmoldfield mehr körperlicher Natur. War nicht meins.«
»Die antwort war ja sehr ausführlich«, stellt Sebastian mit einem sehr leichten Lächeln fest.
»Was? Ich weiß nicht, was ich groß erzählen soll. Ich hatte einfach kein Glück.« Ich frage mich, wie alt Sebastian eigentlich ist. »Wie alt bist du?«
»38. Und du?«
»36«, antworte ich schockiert. Ich hätte ihn niemals für 38 gehalten.
»Ich hätte dich jünger geschätzt«, schmeißt er zwischen meine Gedanken. ›Raus aus meinem Kopf!‹

Das Knacken der Belüftung setzt ein und wir stehen auf. Sebastian begibt sich zu seinem Sessel und ich auf die Couch. Wir beide klettern in unsere Schlafsäcke und Kammi entscheidet sich diesmal in Sebastians zu klettern. Das Haus ist echt ausgeklügelt.
Der Lüftungsvorgang fühlt sich heute besonders lang an und ich beginne etwas wegzudösen.

— Sebastian —

»Lieg doch mal still Katze«, motze ich Kammi an, die sich unaufhörlich bewegt. Die Unterhaltung war seltsam. Mir kam die Lüftung ehrlich gesagt recht. Ich rede so gar nicht gerne über mein Liebesleben. Sofern man es so nennen kann. Und ich glaube, dass ihm die Lüftung auch recht war. Er wurde knallrot, als ich meinte, dass er jünger aussieht. Die Lüftung schließt sich wieder und die Pumpe beginnt, dass warme Wasser in das Zimmer zu führen.
Ich klettere aus dem Sack und schaue zur Couch. Er scheint eingeschlafen zu sein. Ich nehme die Decke vom Boden und lege sie auf ihn. Anschließend schaue ich mich um, und mein Blick bleibt an meinem Bücherregal hängen. Ich gehe dorthin und nehme mir ein Buch mit dem Titel ›Der Stillstand Grimmoldfields‹.

Nachdem ich etwas gelesen habe, werde ich unterbrochen.
»Wieso hast du mich schlafen lassen?«, brummt mich Gregor an, welcher sich aus dem Schlafsack gepellt aber noch in die Decke eingewickelt hat und nun zwischen mir und dem Bücherregal steht.
»Wieso nicht? Hast du noch irgendwas vor?«
»Touché. Was liest du da?«
»Der Stillstand Grimmoldfields«, antworte ich, während ich versuche weiterzulesen.
»Stillstand?«, fragt Gregor mich und ich lege das Buch beiseite. Wird eh nichts.
»Grimmoldfield war angeblich ca 500 Jahre alt. Aber in den 500 Jahren hat sich nahezu nichts verändert. Es gab keinen technischen Fortschritt.« Gregor überlegt.
»Stimmt. Selbst in unserer Lebensspanne gab es irgendwie nie was Neues. Selbst der Himmel schien stillzustehen«, merkt er an.
»Wie meinst du das?«
»Ich hatte einen Hang, die Sterne zu beobachten. Ich habe alle Bücher darüber gelesen, die ich kriegen konnte. Astrologie war mein Ding. Irgendwann glaubte ich aber, dass diese Bücher nur Verschwörungen sind. Der Himmel war jede Nacht gleich. Kein Stern ist gewandert. Naja. Jetzt weiß ich auch warum«, sagt er enttäuscht, während er aus dem Fenster schaut. Direkt auf die Überreste der Kuppel. Ich lasse den Moment etwas wirken. Er wirkt enttäuscht. Also stehe ich auf.

— Gregor —

Mein Blick ruht auf den Überresten der Kuppel, die Grimmoldfield einschloss. Plötzlich steht Sebastian ganz nah vor mir und greift an mir vorbei. Da wir beide fast gleich groß sind, wanderte sein Gesicht nahe an meinem vorbei und sein Atem streifte mein Ohr. ›Bitte nicht‹, flehe ich innerlich und meine damit mehr mich selbst, als Sebastian.
»Hier«, murmelt er und reicht mir ein Buch. »Astrologie des 20. Jahrhunderts. Könnte dich interessieren.« Ich nehme das Buch entgegen.
»Das kenne ich gar nicht.«
»Kannst du auch nicht. Das Buch ist aus Grimmoldfield Nord. Die Bücher die du hast sind zwar durchaus nah an der Wahrheit, aber am Ende doch mehr Propaganda.« Ich frage mich was er meint und schlage die erste Seite auf.
»2017. Wie kann das sein? Die Seiten sind so vergilbt, als wäre es 100 Jahre alt. Dabei ist es gerade einmal 6 Jahre her, dass es gedruckt wurde.« Ich fühl mich etwas verarscht.

»Ich erkläre dir das später. Schau dir das Buch an. Du wirst begeistert sein.«
Sofort fange ich an zu lesen und Sebastian hat recht. Es ist anders, als die Bücher, die ich gelesen habe. Ich kann gar nicht mehr aufhören, die Texte zu lesen und die Illustrationen zu bestaunen.
»Wow«, entweicht es mir immer wieder. »Es gibt 8 Planeten?« Mein Herz schlägt wie wild. Ich bin gerade dankbarer, als ich sein sollte.

— Sebastian —

Es ist niedlich zu beobachten, wie er sich über die neuen Erkenntnisse freut. Aber es ist auch traurig, zu sehen, wie viel die Menschen eben nicht wussten. Die Wahrheit über die Stadt und die Welt außerhalb. Die Stunden Vergehen und das letzte Knacken für heute beginnt. Ich greife Gregor am Arm, der sich nicht vom Buch lösen kann, setz ihn auf die Couch, wickel ihn schnell in zwei Decken ein, nachdem ich Kammi auf seinem Schoß platziere.
Anschließend Steige schnell in meinen Schlafsack und die Lüftung beginnt, während ich noch am reinsteigen bin. Plötzlich greift mich Gregor am Arm und zieht mich unter die Decke.
»Danke«, murmelt er.
»Wofür?«
»Weiß nicht. Für das Buch? Oder das du mich gerade vorm Erfrieren bewahrt hast.« Er lacht leise. Mir wird zu warm. Scheinbar sind wir alle drei in den letzten Wochen aufgetaut.
»Naja. Wir haben alle Zeit der Welt und du ignorierst die Lüftung, um zwei Zeilen mehr zu lesen«, reagiere ich gespielt abfällig. Wir sitzen sehr eng beieinander. »Gern geschehen.« Als wir uns aus den Decken befreit haben, stürmt Gregor direkt wieder zum Bücherregal.

— Gregor —

Während ich vorm Regal stehe, wird mir bewusst, wie nah ich Sebastian gerade kommen lasse. Das ist mir sehr unangenehm. Ich wollte aber auch nicht, dass er wegen mir krank wird, weil er nicht rechtzeitig in den Schlafsack kam. Ich sollte besser darauf achten.
Ich schaue mir die Buchtitel an.
»Sag mal Sebastian…«
»Hm?«
»Was sind das alles für Bücher?«
»Teilweise sind das Aufzeichnungen der Berater der Bürgermeister. Teilweise aber auch alte Aufzeichnungen von einer Zeit vor Grimmoldfield. Die wurden im Norden Grimmoldfields gelagert. War schon anstrengend die Leute da zu überreden mir die zu geben.«
»Geben?«
»Is ja gut. Zu verkaufen. Jedenfalls war Grimmoldfield nicht die echte Welt. Es war quasi die Arche der Menschheit. Eine Arche die ausuferte und im ewigen Anfang des 21. Jahrhunderts stecken blieb.«
»Wie meinst du das?«, frage ich, weil ich das nicht verstehe.
»Je nach Aufzeichnung ist es wahrscheinlicher, dass wir eher im 27. oder 28. Jahrhundert leben.«

Ich muss diese Information erst verarbeiten.
»Du musst wissen, dass man in allen Medien die Jahreszahlen schon seit hunderten Jahren nicht mehr verwendet«, ergänzt Sebastian.
»Jetzt wo du es sagst. Selbst auf Dokumenten gab es keine richtigen Jahresangaben.«
»Korrekt. Aber amtliche Dokumente hatten jedes Jahr Merkmale wie z. B. eine andere Papierfarbe oder Prägung.« Ich bin baff. Wieso weiß der Mann das alles?

Ich lasse meinen Blick über die Bücher schweifen.

›Die wahre Macht der Bürgermeister‹
›Grimmoldfield – die letzte Rettung‹
›Wetter, Klima, Krieg – Der Untergang der Erde‹
›Moderne Sklaverei auf Genen basiert‹
›Credit Depeaux – Die Familientragik‹

Beim letzten Buch fällt mir der Autor ins Auge. ›Sebastian Denas‹.
»Welches der Bücher würdest du mir empfehlen?« Ich zeige ihn die fünf Bücher und er beginnt angestrengt zu überlegen.

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