A&R -4: Alkohilismus und Alpha-Verantwortung (Gerry)

Ich muss hier leider zwei Geschichten in einer erzählen, da das eine ohne das andere nicht funktioniert. Und ich möchte noch was anmerken: Der Zahn der Zeit nagt an uns allen. Viele von uns lernen aus Erfahrungen und Problemen und entwickeln sich weiter. Sollte sich hier jemand wiedererkennen nur aufgrund der Situationsschilderungen: Es ist kein aktuelles Bild, was ich habe. Nur etwas, was ich vor einigen Jahren empfunden habe. Zusätzlich wird es diesmal keine Ergänzung geben, da dies mein eigener Text ist.

Ich habe mal einen Menschen gekannt, der sowohl Teil unserer Community war, als auch regelmäßig kleinen Events beiwohnte. Und alle Events mit ihm hatten eines gemeinsam: Er war immer betrunken, bevor das Event überhaupt begann.
Ich habe ihn noch nie nüchtern erlebt und es gab einige, die sich sorgen gemacht haben. Er hat Mengen konsumiert, wo mir teilweise schon beim Zusehen schlecht wurde.

Klar: Wenn ich auf Stammtischen bin und sowas, trinke ich auch ganz gerne mal was. Aber ich komme nicht betrunken dorthin. Es entstand schnell der Eindruck, dass er ein sehr massives Alkoholproblem hat und da er auf mich auch recht Jung wirkte, hat mich das umso mehr besorgt.
Ich hatte mit Leuten darüber geredet, die ihm etwas näher standen. Auch mit seinem „Alpha“. Und irgendwie habe ich gedacht, dass ich in einem falschen Film gelandet bin. Es schien niemanden groß zu interessieren.

„Er ist erwachsen. Er weiß schon was er tut.“

„Das geht uns doch nichts an.“

Und als ich seinen Alpha darum bat, sich um seinen Omega zu kümmern, kam nur …

„Das ist nicht mein Problem.“

Natürlich sind alle Zitate nicht wortgenau. Dafür ist das auch zu lange her. Aber gerade letzte Antwort hat mich rasend gemacht. Der junge Mann hatte ein offensichtliches Problem. So offensichtlich, dass er oft irgendwo in einer Sitzecke lag und kaum noch ansprechbar war.
Und vielleicht sehe ich es zu eng, aber wenn ich als Alpha jemanden unter meine Fittiche nehme, sei es in einem Rudel, oder in einem privaten Spiel, hab ich die gleiche Verantwortung, wie in einem Langzeit Dom-Sub Verhältnis.

Man übernimmt ein Stück Verantwortung für einen Menschen, der sein Vertrauen in einem steckt. Anfangs wurde zwar ein wenig aufs Trinkverhalten geachtet, aber das wurde mit der Zeit auch irgendwann gelassen.
Statt also Konsequenzen zu ziehen, um diesen Wuffel zu schützen, wurde der Wuffel stellenweise weiter abgefüllt. Und noch mehr. Aufgrund meiner Erfahrung mit Alkoholikern in meiner Jugend hat mich das sehr besorgt.

Es gab eine öffentlich zugängliche(!) Veranstaltung (Die eigentlich SFW war) da war der Wuffel irgendwann wieder recht fertig vom Alkohol und sein Alpha war der Meinung ihn vor versammelter Mannschaft disziplinieren zu müssen. Ich weiß nicht genau wegen was, aber die Situation war nicht nur befremdlich und hat mir echt Angst gemacht.
Der Wuffel lag zusammengekauert auf den Boden und der Alpha „schlug“ auf ihn ein mit diversen nicht so freundlichen Worten. Aber, so krass es auch klingen mag, das war nicht das was mich am meisten schockierte.

Am meisten schockierte mich, dass NIEMAND etwas tat. Im Gegenteil. Es bildete sich eine Traube von Kerlen, die das sogar noch befeuerten. Und ich weiß leider nicht mehr genau, ob ich direkt versucht habe einzugreifen oder nicht. Ich war damals noch nicht so confident und schon gar nicht, wenn ich kein Backup habe, was damals der Fall war. Ich bin auch nur wenige Augenblicke später gegangen.
Ich weiß aber, dass ich es nachträglich angesprochen habe und auch, dass ich fand (und immer noch finde), dass sowas nichts auf so einer Veranstaltung zu suchen hätte.

„Das war abgesprochen und im Rahmen der Grenzen.“

Zusätzlich wurden meine damaligen Empfindungen nicht ernst genommen.

Mir fiel alles aus dem Gesicht über die Respektlosigkeit, meine Empfindungen nicht ernst zu nehmen. Und jetzt wo ich drüber nachdenke, stelle ich mir ein paar Fragen:

Wann habe ich meinen Consent gegeben, zu so einer Aktion und das auch miterleben zu wollen?
Gehörte zu der Absprache zwischen dem Alpha und den Omega ihn gnadenlos vor zig Leuten so zu demütigen und zu schlagen?
Warum wird hier eine offensichtliche Alkoholsucht ausgenutzt?
Und warum ist keiner (auch ich nicht) direkt eingeschritten?

Zumindest zu letzterer Frage habe ich eine Vermutung: Die meisten die in die Location gegangen sind, waren allein oder zu zweit. Die Traube bestand aber aus gut 10-15 Leuten. So kerlig wie immer alle tun, fehlt oft der Mut bei solchen Situationen einzugreifen. Ich hätte damals vielleicht auch anders reagieren sollen.
Vielleicht hätte ich die Betreiber der Location ansprechen sollen, dass mir dieses Verhalten Unwohlsein verursacht. Aber hätte man auf mich gehört? Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, wie das noch weiter ging im Generellen, da ich mich etwas entfernt hatte.

Ich fand diese Situation, dass man die Alkoholsucht ausnutzt, zu seinem eigenen Vorteil, aber man keine Verantwortung oder Schutzfunktion für seinen Schützling übernehmen will, so befremdlich, dass ich nicht mehr zu dieser Veranstaltung gegangen bin.
Ich hatte und habe auch meine Schützlinge und vielleicht hab ich nen zu ausgeprägtes Daddy-Mind in meinem Kopf, aber ich versuche so gut es geht, für jeden meiner Schützlinge da zu sein und vor allem auch anzusprechen, wenn ich ein Verhalten bedenklich finde.

Bin ich der Einzige, der das so handhabt in einem Alpha > Rudel/Omega bzw. Dom>Sub-Verhältnis? Gehört die Schutzfunktion nicht auch dazu und auch, dass sich alle dabei wohl fühlen?
Und als jemand der weiß, wie sich das anfühlt, wenn zig Beinpaare jeden Fluchtweg unmöglich machen, während einer auf mich eindrischt, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass irgendjemand, der nicht mal mehr richtig ansprechbar ist, ernsthaft sein Einverständnis dazu gibt.

Wir müssen alle feinfühliger werden. Gerade was den Konsum von Alkohol oder Drogen angeht. Statt jemanden noch ein Bier in die Hand zu drücken, der eh schon nicht mehr laufen kann, wäre es verantwortungsbewusster, diese Person nach Hause zu geleiten oder zumindest dafür zu sorgen, dass die Person zuhause ankommt.
Die Einsicht ein Problem zu haben, muss natürlich von der Person selbst kommen. Aber man muss nicht noch mehr Alkohol zur Verfügung stellen und sollte klare Kante zeigen. Denn sind wir ehrlich: Wir möchten lange was voneinander haben und auch von dieser Community.

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3 Kommentare zu „A&R -4: Alkohilismus und Alpha-Verantwortung (Gerry)“

  1. Zum Thema Alkohol/Drogenkosum muss ich dir absolut recht geben. Jemand der unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen steht KANN einfach keinen Consent geben. Zumindest keinen den man ernst nehmen sollte. Und selbst ein vorher erteilter Consent -egal wozu- verliert in dem Moment seine Gültigkeit, einfach weil man nicht mehr darauf vertrauen kann, dass die Person noch in der Lage wäre ein SafeWord oder Unwohlsein zu äußern.

    Und ja, wir alle lernen und wachsen. Auch ich war schon in Situationen bei denen ich mich im Nachhinein gefragt hab warum ich damals nichts gesagt hab oder nicht anders reagiert habe.
    Ändern lässt sich das im Nachhinein nicht. Wir können nur unsere Lehre daraus ziehen und in Zukunft anders auf solche Situationen reagieren.

    In diesem Sinne danke ich dir für deine Geschichte.

  2. Oja sowas kenn ich. jemand wird abgefüllt, und lächerlich gemacht.

    Und wenn diese Person sich tot gesoffen hat heulen alle rum warum er das getan hat.

    Normales Ansprechen hilft nicht viel. man müsste diese Person zusammen mit dem Betreiber rausholen. Der Betreiber weigert sich? Dann gleich Anzeigen

    1. Hier ein kleines Wort der Vorsicht: eine Anzeige erstatten darf, wer geschädigt wurde. Als Beobachter wäre die Anzeige nicht wirksam. Zumindest meistens nicht. Kommt auf den speziellen Fall an, wie z.b. dass die geschädigte Person nicht in der Lage wäre, für sich zu kämpfen.

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